Gastbeitrag von Maximilian Hollenbach (Lehrstuhl für Elektronik)
Die physische Kontaktbeschränkung durch die Coronapandemie stellte und stellt alle Lehrenden vor die immense Aufgabe, Ersatz für Ihre etablierten Formen des Wissenstransfers an Lernende und Studierende zu finden.
Ich bin als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Elektronik an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg tätig. Unser Lehrstuhl bietet unter „normalen“ Umständen zur praktischen Anwendung der in der gleichnamigen Vorlesung vermittelten Inhalte das Laborpraktikum „Elektronische Schaltungstechnik“ an. Dieses besteht aus mehreren Versuchen, in denen typische Schaltungen der Elektronik, beispielsweise Verstärker, Filter und Oszillatoren, durch die Studierenden untersucht werden.
Im Zuge der sich immer wieder ändernden Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus war im Jahr 2020 schwer abzuschätzen, ob und in welchem Umfang die Durchführung von Präsenzveranstaltungen in der Universität möglich sein wird. Aus diesem Grund haben wir am Lehrstuhl einen Plan B entworfen, das Praktikum@Home. Die Idee dahinter ist mit möglichst einfachen Mitteln eine Art Versuchskasten zu schaffen, mit dem wir das Praktikum zu den Studierenden nach Hause bringen können. Der Kasten sollte alle nötigen Bauelemente und Geräte enthalten, um trotz Heimarbeit Wissen über den Aufbau und die Funktion elektronischer Schaltungen zu vermitteln. Es sollten genug Versuchskästen beschafft werden, um diese in mehreren Durchgängen an die Studierenden auszugeben, welche zu Hause experimentieren und die Kästen im Anschluss wieder abgeben. Auf diese Weise könnten auch mit begrenzten Mitteln viele Studierende an den praktischen Übungen und dem Praktikum@Home teilnehmen.
Der Inhalt der Kästen wurde anhand der bestehenden Laborversuche von mir ausgewählt und mit den Praktikumsleitern abgestimmt. Dabei bestand nicht das Ziel, die vorhandenen Laborversuche eins-zu-eins zu den Studierenden nach Hause zu bringen. Stattdessen wurden die Versuche bei gleicher Thematik und ähnlicher Zielstellung auf das vorhandene und kurzfristig beschaffbare Material angepasst.

Jedes Set hat dabei knapp über 300 € gekostet und enthält verschiedene Bauelemente, einfache Messgeräte und notwendiges Zubehör wie Kabel und Adapter für interessante Versuche. Über den Bluetooth-Audioempfänger, den Kopfhörer und Klinkenbuch lassen sich Audiosignale einspeise und auslesen, so dass man z.B. Filterschaltungen mit Sprach- oder Musiksignalen testen kann. Jedes Set enthält:
- ein 2-Kanal-Oszilloskop UTD2025CL
- einen 2-Kanal-Signalgenerator Joy-It JT JDS2915
- ein einfaches, gelbes Multimeter
- ein Steckbrett bzw. Breadboard inkl. Jumperkabel
- einen Bluetooth-Audioempfänger
- einen Stereo-Kopfhörer
- zwei Klinkenbuchsen-Breakoutboards für das Steckbrett
- einige BNC-Kabel mit offenen Enden (blankes Kabel), um den Signalgenerator mit dem Steckbrett verbinden zu können
- elektronische Bauelemente (extra viele, um nach jedem Durchgang die defekten und verlorenen zu ersetzen):
- Widerstände
- Kondensatoren
- Operationsverstärker LM 324 N
- Transistoren (NPN BC547B und PNP BC557B)
- Gatter MOS4001
- Gatter MOS4011
- ein Stereopotentiometer 220 kOhm
- einen Sortimentskasten
- zwei Batteriefächer, um eine symmetrische Spannungsversorgung zu ermöglichen
- zwei Batterieclips, um die Batteriefächer mit dem Breadboard zu verbinden
- AA-Batterien
- eine einfache Werkzeugkiste zum Transport
Gesamtansicht aller relevanten Teil für das Praktikum@Home 2-Kanal-Signalgenerator JT JDS2915 von Joy-It sehr einfaches Digitalmultimeter Sortierkiste für Kleinteile 2-Kanal-Oszilloskop UTD2025CL Werkzeugkiste zum Transport mit Sichtfächern im Deckel Die größeren Messgeräte können im Innern der Werkzeugkiste verstaut werden. Ein Zwischenfach nimmt weitere Kleinteile und Kabel auf.
Die Versuchskästen kamen bis zum Ende des Wintersemester noch nicht zum Einsatz, weil der letzte reguläre Praktikumsdurchlauf bereits vor den strengeren Eindämmungsmaßnahmen abgeschlossen war. Ich sehe in den angeschafften Kästen jedoch eine Chance für die Verbesserung der Lehre über die Coronapandemie hinaus. Sie können zum Beispiel für freiwillige Veranstaltungen mit geringer Teilnehmerzahl genutzt werden, um in Zukunft den Studierenden mehr praktisches Wissen und entsprechende Kompetenzen zu vermitteln. Meiner Meinung nach ist so eine „praktische“ Komponente – das eigenständige Aufbauen von Schaltungen und die Untersuchung der Funktion (vor allem dann, wenn etwas nicht funktioniert) ein sehr gutes Mittel, um tieferes Verständnis für elektronische Schaltungen und ihre Bauelemente zu entwickeln.